[Update] Über Anschläge, Konzerte, Propaganda und Sonnenwendfeiern

In Felde zwischen Kiel und Rendsburg wurde am Morgen des 21.06. ein Brand in einem Einfamilienhaus entdeckt. In diesem Haus sind unter anderem geflüchtete Menschen untergebracht. (klick )

In Schwarzenbek wurde vor etwa einer Woche eine Unterkunft für Geflüchtete mit ausländerfeindlichen Sprüchen beschmiert und Naziaufkleber in der Umgebung verklebt. Diese Aktionen kommen offensichtlich nicht von ungefähr. Auf Informationsveranstaltungen zu der Unterkunft fielen rassistische Sprüche und die Bergedorfer Zeitung hatte vorher mit einigen Artikeln rassistische Vorurteile geschürt (ausführlicher Bericht , Artikel )

In Jamel in Nordwestmecklenburg fand am 25.06. das “12. nationale Kinderfest” samt Sonnenwendfeier statt. Auf diesem “Fest” wurde unter anderem ein Lied aus dem HJ-Liedgut gemeinsam gesungen und völkische Rituale zelebriert (Artikel ). Jamel ist berüchtigt für seine fast auschließlich neonazistische Einwohnerschaft.
Update: Anwesend waren auch Arne Voss, Dominic Rösch und Jörn Lemke. Voss wohnt mittlerweile in Mecklenburg-Vorpommern, ist aber immer noch auf Nazi-Aktionen in SH anzutreffen. Rösch ist aktiver Neonazi aus Herzogtum Lauenburg und hat unter anderem die mittlerweile aufgelöste Kameradschaft “Nationale Sozialisten/Nationale Offensive Lauenburg” mitgegründet. Lemke ist Vorsitzender des NPD-Kreisverbands “Lübeck/Ostholstein”.

Am 11.06. fand in Koberg, ein Dorf zwischen Ratzeburg und Ahrensburg, ein Konzert der Band “Kategorie C” statt. Deren Mitglieder sowie ein Großteil der Fans haben Verbindungen zur verbotenen Neonazi-Organisation “Blood & Honour”. Der Veranstaltungort, eine Gaststätte namens “Zum Koppelkaten”, ist schon in der Vergangenheit durch Veranstaltungen mit Verbindungen zu militanten Neonazis aufgefallen (ausführlicher Bericht samt Bilder ).

Ebenfalls am 11.06. wurde in Schleswig der Landesverband der Partei “Zukunft für Deutschland” gegründet. Eingeladen hatte Kay Oelke, anwesend war unter anderem Enrice Pridöhl (ausführlicher Artikel ). Pridöhl ist in der Vergangenheit mit seinen Aufmarschversuchen in Neumünster und Mecklenburg-Vorpommern aufgefallen, die eher mit zweifelhaftem Erfolg beschieden waren. Kay Oelke hingegen war Kreisvorsitzender der NPD von Lauenburg-Stormarn und saß für die NPD zeitweise im Kreistag des Herzogtums Lauenburg. Die Partei “Zukunft für Deutschland” wurde knapp ein Jahr zuvor, am 4.02.2015, als rechte Abspaltung der Republikaner in Ludwigshafen am Rhein gegründet.

Zwei weitere möglicherweise rassistisch motivierte Angriffe

In der Nacht vom 27.04. auf den 28.04. wurde in Ahrensburg ein 16-jähriger Jugendlicher aus Afghanistan von 3 Personen angegriffen . Auf dem Boden liegend traten die Angreifer auf ihn ein, wodurch er verletzt wurde.

Am 02.05. wurde am Kieler Hauptbahnhof ein Jugendlicher (15 Jahre) mitten am Tag von einem ihm entgegenkommenden Mann geschlagen .

Beide Vorfälle spiegeln die Welle rassistischer Angriffe der letzten Monate wider.

Erneuter Angriff auf geflüchteten Jugendlichen

Am letzten Mittwoch Abend (27.4.) wurde in Ahrensburg ein junger Mensch aus Afghanistan von drei Männern angegriffen (Link ).

“Neumünster wehrt sich” – da wächst (nicht) zusammen, was (nicht) zusammen gehört


Wer wird hier als nächster als Schlapphut denunziert? Manfred Riemke (r.) und Malte Magnussen

Am 23. April will die neonazistische Organisation “Neumünster wehrt sich” wieder durch die Stadt an der Schwale marschieren. Die bisherigen Auftritte waren die ersten ernsthaften Versuche seit dem 1. Mai 2012 Aufmärsche in Schleswig-Holstein durchzuführen. Dementsprechend werden die Aktivitäten auch von anderen rechten Akteur_innen genau beobachtet, um das eigene Potential “auf der Straße” ebenso abschätzen zu können, wie jenes der politischen Gegner_innen. Diese Heterogenität spiegelt sich auch in der Organisationsstruktur wider. Wie wir schon berichteten , übernehmen dort Neonazis verschiedener politischer Herkunft Verantwortung, was, wie dargestellt , auch schon den einen oder anderen Konflikt mit sich brachte. Nicht zuletzt deshalb dürfte der letzte geplante Auftritt am 28. Februar abgesagt worden sein. Dass die offizielle Begründung schlicht gelogen war, ist leicht daran ersichtlich, dass als Grund abwechselnd “organisatorische und technische Gründe”, eine “Erkrankung” oder eine “Sportverletzung am Knie” von Manfred Riemke genannt wurden. Zeichnet es schon ein desolates Bild, dass sich die Neonazis nicht einmal auf eine Ausrede einigen konnten, setzte Riemke dem erbärmlichen Schauspiel noch die Krone auf, als er am Tag der geplanten Kundgebung bei bester Gesundheit in Neumünster unterwegs war. Doch wie wir in diesem Artikel darstellen wollen, ist dies längst nicht das einzige Konfliktpotential. An der Organisation beteiligte Strukturen, haben sich in der Vergangenheit zum Teil massiv hintergangen und angeschwärzt. Diese Vorgänge wurden nie öffentlich thematisiert und selbst ein großer Teil der direkt betroffenen Neonazis kennt die genauen Zusammenhänge nicht. Das werden wir heute ändern.


Jörn Lemke (m.) und Nico Seifert (r.)

Wir schreiben das Jahr 2012. Der NPD-Landesverband muss mal wieder einen Landtagswahlkampf stemmen, in der Hoffnung, mit ausreichend Stimmen, zumindest an die staatliche Parteienfinanzierung zu gelangen. Doch eigentlich ist die Partei zu einem flächendeckenden Wahlkampf nicht in der Lage. Auf diese Ausgangslage sind wir schon in der Vergangenheit eingegangen . In dieser fragilen Situation meldet sich kurz vor der Wahl eine bis dahin unbekannte “Nationalsozialistische Störungsgruppe Holstein” (NSH) zu Wort. Der gleichnamige Blog versteht sich als Enthüllungsplattform über die NPD in Schleswig-Holstein. In einem langen Pamphlet wird u.a. dem Landesgeschäftsführer Wolfgang Schimmel “Rassenschande”, also ein Kind mit einer “nicht-deutschen” Frau, vorgeworfen, der Autismus des damaligen Landesvorsitzenden Jens Lütke öffentlich gemacht, werden die Landesvorstandsmitglieder Jörn Lemke und Roland Siegfried Fischer als V-Leute des Verfassungsschutz “enttarnt” und allerlei Interna, wie Treffpunkte der rechten Szene, ausgeplaudert. Für Beobachter_innen der Szene decken sich viele Informationen mit anderen Quellen, so dass dort sehr gut informierte Kreise am Werk gewesen sein müssen. Sogar die “Enttarnung” der beiden V-Leute, für deren Arbeit für den Inlandsgeheimdienst es nach wie vor keinen Beleg gibt, erscheint heute in einem anderen Licht. Denn Anfang Dezember 2012 trat Roland Fischer von allen Ämtern zurück und aus der Partei aus. Inzwischen ist durch das NPD-Verbotsverfahren bekannt, dass genau zu diesem Zeitpunkt, nach Angaben der Innenminister_innen, die letzten Quellen in den Führungsgremien der Partei abgeschaltet worden seien.
Doch wer steckte hinter dem Blog und dem Aufruf zum Boykott der NPD? Schnell wurden damals Spekulationen laut. Für möglich gehalten wurde eine “false flag”-Aktion gut informierter antifaschistischer Gruppen. Doch glaubhaft ist dies nicht. Bekanntermaßen entspricht es nicht dem politischen Stil von Antifaschist_innen, offensiv Neonazi-Propaganda zu verbreiten. Innerhalb der rechten Szene wurde schnell mit Namen jongliert, welche Kandidat_innen in den eigenen Reihen in Frage kämen. Insbesondere Dennis Brandt, der zu diesem Zeitpunkt erst kürzlich eine umfassende Aussage bei der Polizei gemacht hatte , und Kevin Stein, schon in handfeste Auseinandersetzungen in der Szene verwickelt , schienen in Frage zu kommen.


Sebastian Alexander Struve

Doch all diese Rechnungen wurden ohne zwei altbekannte Querulanten mit denkbar schlechtem Verhältnis zur NPD gemacht: Sebastian Alexander Struve (ehemalige Führungsfigur “Aktionsgruppe Eutin”) und Nico Seifert (ehemalige Führungsfigur “Aktionsgruppe Neumünster”). 2012 standen beide vor dem politischen Nichts. Ihre jeweiligen Gruppierungen waren zerfallen und den “Rückweg” zur NPD haben sich beide verbaut. Die Gründe im Fall von Sebastian Struve haben wir schon in unserem letzten Artikel zu diesem Thema dargelegt , weshalb wir hier vorwiegend die Vorgänge um Nico Seifert darstellen werden. Seifert war eine zentrale Figur der rechten Szene in Neumünster. Insbesondere mit seinem Freund Daniel Zöllner (“Aktionsgruppe Kiel”) stand er für einen sehr aktionistischen Neonazismus im Stil der “Autonomen Nationalisten”. Doch nachdem die “Aktionsgruppen” um das Jahr 2010 ihren Zenit überschritten hatten, nahm das Konfliktpotential um Seifert in Neumünster zu. Es hieß, Seifert schulde dem, damals ebenfalls im Niedergang begriffenen, “Club 88” Geld. Dieses Geld versuchten die im “Club” zunehmend dominanten “Bandidos” und ihre Unterstützer einzutreiben. Beteiligt war u.a. der heute bei “Neumünster wehrt sich” eingebundene Manuel Fiebinger. Dass die Schulden im Falle Seiferts besonders gern und nachdrücklich zurück gefordert wurden, mag auch daran liegen, dass er, über Daniel Zöllner, Kontakte zu den Erzfeinden der “Bandidos”, den “Hells Angels”, hat. Auch der Weg zur NPD war versperrt. Hier rächte sich, dass Seifert in der ganzen Szene damit geprahlt hat, den damaligen Landesvorsitzenden Jens Lütke verprügelt zu haben. Als die Lage zunehmend brenzlig wurde, verließ Seifert Neumünster in Richtung Witzwort (Nordfriesland).


Laut Struve Kundgebung mit Unterstützung vom Verfassungsschutz: Mike Östreich, Daniel Nordhorn und Roland Fischer (v.l.n.r.)

Nun befanden sich Struve und Seifert in einer ähnlichen Lage: Beide vereint ein Führungsanspruch innerhalb ihrer Szene, aber beiden fehlte in Schleswig-Holstein jeglicher Rückhalt, um diesen auch durchzusetzen. Als Konsequenz diskutierten die beiden neue Strukturen jenseits von Rockern und NPD aufzubauen. Seifert kontaktierte 2012 “Die Rechte” und 2013 den “III. Weg”, um Möglichkeiten einer Expansion nach Schleswig-Holstein zu diskutieren. Selbstredend mit sich selbst als “Führer” der neuen Bewegung. Diese Pläne scheiterten jedoch an der mangelnden Basis und der organisatorischen Unfähigkeit Seiferts. Struve, ganz der “Autonome Nationalist”, schwebte mehr eine kompromisslos nationalsozialistische Kameradschaft, fern jeder Partei, vor. Auch diesen Plänen war Seifert nicht abgeneigt, ging es ihm ja primär sowieso nur um eine Führungsrolle jenseits der Kreise, die ihn gerade verfolgten. In der Verfolgung dieses Ziels waren theoretische Grundkonzepte verhandelbares Beiwerk. Auf der Suche nach einem Ausweg intensivierten beide bundesweite Kontakte. Struve stand im Austausch mit Dortmunder “Autonomen Nationalisten” (die ihm auch bei seiner später beschriebenen Intrige halfen), Seifert nach Gütersloh zu Julian Fritsch (Nazi-Rapper “Makss Damage”). Dieser war zu diesem Zeitpunkt mit Belinda B. (ehemals “Aktionsgruppe Kiel”, inzwischen lebt B. in Gütersloh) in einer Beziehung. Zusammen mit Janina H. (ehemals “Aktionsgruppe Kiel”) waren Seifert und B. in dieser Zeit, auf Einladung von Fritsch, mehrfach in der westdeutschen Kameradschaftsszene unterwegs, u.a. bei Axel Reitz in Köln.


Belinda B. (r.) als Ordnerin bei einem Auftritt der “Aktionsgruppe Kiel” am 8. Mai 2010 vor dem Kieler Hauptbahnhof

Sogar die Finanzierung ihrer neuen Bemühungen haben Struve und Seifert intensiv diskutiert. Während sich Struve vorwiegend um Vernetzung innerhalb der Rechten bemühte, versuchte Seifert Finanzquellen zu finden. Zunächst beteiligte er sich am Versand “Support Wear” des Kieler Neonazis Matthias Kussin (früher Matthias Lehnecke). Als das Vorhaben im Streit endete, versuchte Seifert vergeblich eigene Versände verschiedener Ausrichtung ins Leben zu rufen. Die Pläne scheiterten samt und sonders an einfachsten organisatorischen Schritten, zu denen Seifert nicht in der Lage war. Doch ganz Geschäftsmann hatte Seifert natürlich mehrere Eisen im Feuer. Als weiteres Standbein schwebte ihm eine Karriere als Pornostar vor. Da sich aber absolut keine Darsteller_innen fanden, die bereit waren mit Seifert einen Porno zu drehen, erörterten Struve und Seifert die Chancen im Geschäft der Zuhälterei, auch bekannt als Menschenhandel. Naheliegenderweise hatten die beiden Neonazis keine inhaltlichen Skrupel, sexuelle Ausbeutung als weiteren Stein in ihr Mosaik der Menschenfeindlichkeit zu setzen. Allerdings schienen ihnen die Rocker in diesem Bereich zu dominant, Seifert hatte ja gerade erst schlechte Erfahrungen mit den “Bandidos” gemacht.
Doch all diese Bemühungen hatten nicht den gewünschten Effekt. Irgendwie müssten die bisherigen Strukturen in Schleswig-Holstein destabilisiert werden, damit die Szene auf die beiden selbsternannten Nachwuchs-“Führer” angewiesen wäre. Gleichzeitig müsste leidige Konkurrenz um den zukünftigen Thron schon einmal vorbeugend auf Distanz gehalten werden. So ersann Struve zusammen mit Seifert einen Plan: Auf einem nicht auf ihn zurückführbaren Blog bringt er Interna und Intrigen der NPD an das Licht der Öffentlichkeit. Bei den, hoffentlich folgenden, internen Spannungen im NPD-Landesverband könnten er und Seifert einspringen und sich von der NPD abkehrende Neonazis für ihre Zwecke einsammeln. Die “Nationalsozialistische Störungsgruppe Holstein” war geboren. Gleichzeitig bekam Struve Wind davon, dass Ray Vogel (inzwischen Führungsfigur “Identitas Gemeinschaft” ) in Eutin und Umgebung eine neue Gruppierung gründen wolle. Diese sollte, in Anlehnung an die “Spreelichter” aus Vogels Heimat Brandenburg, “Nordlichter” heißen. Diese Gruppierung könnte allerdings Struves genialen Plan zunichte machen und die versprengten “Kameraden” nach dem Zusammenbruch der NPD an sich binden. Also kontaktierte er Marcel Forstmeier (Führungsfigur “Spreelichter”), um “Nordlichter” gewissermaßen die Franchise-Genehmigung entziehen zu lassen. Ironischerweise existiert inzwischen auf Facebook ein Profil der “Nordlichter”, das Beobachter_innen Struves Umfeld zurechnen.
Der Ausgang der Intrige um die NSH war ebenso ernüchternd wie vorhersehbar: Das ganze Unterfangen entpuppte sich als große Luftnummer und beide Protagonisten verschwanden für Jahre von der Bildfläche. Zurück bleibt aus antifaschistischer Perspektive einzig der Blick in menschliche Abgründe, in der gescheiterte Existenzen sich gegenseitig in ihrer Menschenfeindlichkeit überbieten, um eines Tages vielleicht einmal der große “Führer” zu werden.

Spannend, aber nicht überraschend ist, dass Struve sich aktuell stark innerhalb von “Neumünster wehrt sich” engagiert. Da stehen also Menschen aus der NPD, die Struve mittels einer Intrige abschaffen wollte, Seite an Seite mit ihm und organisieren Kundgebungen. Denn der Umgang mit dem Verrat ist genauso verlogen, wie der Verrat selbst. Nachdem Struve abgetaucht war und selbst treue Weggefährten wie Tobias J. (inzwischen “Identitas Gemeinschaft”) nicht mehr zu ihm stehen, biedert er sich jetzt wieder bei der verfeindeten NPD an. Profitieren tut er wohl davon, dass die genauen Zusammenhänge der Intrige fast allen Beteiligten unklar sind. Zwar herrscht innerhalb des NPD-Landesverbands ein Unbehagen gegenüber Struve, was sich auch darin ausdrückt, dass vom Führungspersonal einzig Mark Proch maßgeblich an “Neumünster wehrt sich” beteiligt ist, aber für eine konkrete Distanzierung von ihrem ehemaligen Kandidaten Struve fehlten die handfesten Belege. Beobachter_innen dürfen gespannt sein, wie es weiter geht. Fest steht allerdings, dass es im Umfeld vom Struve nie ohne Machtkämpfe zugehen wird. Insbesondere da seine neue “rechte Hand” Malte Magnussen auf diesem Gebiet auch kein unbeschriebenes Blatt ist. So steht für “Neumünster wehrt sich” in den nächsten Monaten viel auf dem Spiel. Das dürfte auch Neonazis aufhorchen lassen, die sich bisher nicht an den Neumünsteraner Kundgebungen beteiligten, denn in der Schwale-Stadt steht stellvertretend die Kampagnenfähigkeit der ganzen radikalen Rechten Schleswig-Holsteins zur Disposition. Ein Scheitern der Aufmärsche würde das Ansehen der neonazistischen Strukturen im nördlichsten Bundesland nochmals beschädigen und somit das Mobilisierungspotential zukünftiger Aktionen schwächen. Dumm nur, dass die Führungskader in Neumünster Dilettanten und Intriganten das Feld überlassen haben.


Vorläufer von “Neumünster wehrt sich”: Totalaufnahme der “Großdemo” in Bad Malente-Gremsmühlen am 31. Oktober 2015 mit Manuel Fiebinger (2.v.l.), Enrico Pridöhl (3.v.r.) und Manfred Riemke (r.)

“Athletik Klub Ultra” auf Reisen


Tim Bartling und sein ebenfalls neonazistischer Trainer Marco Müller (rechts hinter Bartling) im “Athletik Klub Ultra”

Wie die Northeast Antifascists aus Berlin berichten , planen Kämpfer des neonazistischen Kampfsportclubs “Athletik Klub Ultra” aus Neumünster am 23. April in Berlin auf einem Kampfsporturnier anzutreten.

Angriff auf geflüchteten Menschen in Flensburg

Die Serie der Angriffe aus geflüchtete Menschen in SH nimmt keine Ende: In der Nacht zum Ostersonntag wurde in Flensburg ein geflüchteter Mensch mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt (Artikel ).
Dies ist leider keine Einzelfall, schon vor 2 Wochen wurde ein vermeintlicher “Flüchtling” in Timmendorf mit einem Messer angegriffen (Artikel )

weitere Brandanschläge, Angriffe und ein Lichtblick

In letzten Wochen kam es erneut zu vermutlich rechtsmotivierten Brandanschlägen:
In Schleswig wurde ein Brandanschlag auf ein Mehrfamilienhaus verübt, in dem auch eine Familie aus Syrien lebt (Bericht ). Am Sonntagabend wurde in einem Haus in Neumünster eine Matratze angezündet (Bericht ). Dieses Haus wird vornehmlich von Menschen aus Rumänien und Bulgarien bewohnt.

Nachdem in der Innenstadt von Bad Oldesloe vor einiger Zeit Nazi-Symbole aufgetaucht sind (wir berichteten ), sind weitere Gebäude beschmiert worden, darunter auch eine Unterkunft für geflüchtete Menschen (Artikel ). Außerdem wurden ebenfalls in Bad Oldesloe vor knapp zwei Wochen drei jugendliche Geflüchtete von einer Person verbal und körperlich angegriffen (Artikel ).
Am 16.4. wurde eine Demonstration mit dem Titel “Gemeinsam für unser Deutschland – Volkswillen durchsetzen!” angemeldet, deren Organisator_Innen aus dem NPD-Spektrum kommen (wir berichteten , Hintergründe ).

Der Neonazi-Gruppierung “Weiße Wölfe Terrorcrew” wurde heute verboten (Artikel , Artikel ). Mehr Infos zur der “Weiße Wölfe Terrorcrew” finden sich hier undhier .

Mit Schmierereien, Volksmob und Angriffen gegen Geflüchtete

Am 16. April wird von Neonazis zu einer Demonstration mit dem Titel “Volkswillen durchsetzen” in Bad Oldesloe aufgerufen (Bericht ). Organisiert wird die Demonstration von dem Neumünsteraner Ratsherr Mark Proch und Jörn Gronemann (Hintergründe ). Gronemann war früher Teil des “Aktionsbündnisses Lübeck-Stormarn” und hat sich Organisator verschiedener Neonazi-Events mit unterschiedlichem Erfolg versucht (wir berichteten hier und hier , weiterer Artikel ). Nachdem er 2013 aus Schleswig-Holstein weggezogen war, hat er sich jedoch unlängst wieder bei seiner Tocher in Hornbek einquartiert (Bericht ).
Bad Oldesloe hatte in der jüngeren Vergangenheit schon mit Rechten zu kämpfen. So wollten “Freunde der AfD aus Bad Oldesloe und Umgebung” einen Stammtisch in der Stadt abhalten (Artikel ). Aktueller sind die Nazischmierereien, die vor einigen Tagen in der Innenstadt aufgetaucht sind (Artikel ).

In Travemünde wurden vor ein paar Tagen rechte Parolen an diverse Orte gesprüht, in Lübeck selbst Aufkleber mit Parolen gegen Geflüchtete verklebt (Artikel , Artikel , Artikel ). Vor zehn Tagen gab es bereits einen versuchten Anschlag auf eine Baustelle für eine Unterkunft für geflüchtete Menschen (Bericht ). Außerdem kam es am 25.2. in Lensahn zu einem Angriff auf einen syrischen Jugendlichen. Die Hintergründe sind hier jedoch noch unklar (Bericht ).

In Schafflund hatte eine Person am 16.2. zunächst gemeldet, dass sie von Menschen südländischen Aussehens überfallen worden sei. Es stellte sich später heraus, dass dieser Überfall nicht stattgefunden hat (Bericht ).

Anschläge mit Chemie, Feuer, Farbe und Benzin auf Unterkünfte von Geflüchteten

In den letzten Tagen gab es in Schleswig-Holstein vier bekannte Anschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten.

In Flensburg wurde eine Chemikalie in die Duschräume einer Unterkunft eingeleitet, zwei Personen wurden verletzt . Die Polizei verschwieg den Vorfall zunächst.
In Henstedt-Ulzburg schossen Unbekannte aus einem Kleinbus mit Paintball-Waffen auf eine Unterkunft. Die Polizei mutmaßt über “übermütige Paintball-Gruppen” die sich zu später Stunde ausgerechnet eine Unterkunft für Geflüchtete ausgesucht hätten. Das scheinen sie allerdings selbst nicht zu glauben, denn der für politische Delikte zuständige Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
In Travemünde wurde Benzin auf dem Gelände einer im Bau befindlichen Unterkunft verschüttet .
Gestern wurde versucht in Rendsburg ein Haus anzuzünden , in dem u.a. Geflüchtete wohnen. Glücklicherweise wurde niemand verletzt.

Die Vorfälle reihen sich in eine ganze Serie von Übergriffen in den letzten Monaten ein.

Ausgewählte Protagonist_innen von “Neumünster wehrt sich”


Björn Schubert (2.v.l.) pöbelt am 16. Januar 2016 in Neumünster

Wir wollen hier einige ausgewählte Protagonist_innen von “Neumünster wehrt sich” vorstellen. Auch wenn die Auswahl willkürlich erfolgte, lässt sich daran recht genau nachzeichnen, aus welcher Gemengelage sich diese neonazistischen Aufmärsche entwickeln konnten. Für einen Überblick über rassistische Mobilisierungen in Schleswig-Holstein empfehlen wir unseren Hintergrundartikel .


Thomas Krüger am 16.01.2016 in Neumünster

Thomas Krüger
Eine geistige Sternstunde Thomas Krügers nahm in den frühen Morgenstunden des 4. Oktober 2002 ihren Lauf. Das damals 29-jährige Mitglied des NPD-Landesvorstands beschloss mit seinem gleichaltrigen Freund Peter Borchert, zu diesem Zeitpunkt NPD-Landesvorsitzender und Waffendealer in Personalunion, Tankstellen aufzubrechen. Gemeinsam fuhren sie nach Vogelsang-Grünholz um in die dortige Tankstelle einzubrechen. Doch obwohl die beiden Kleinganoven es mit allen Mitteln versuchten, gelang es ihnen nicht in das Gebäude einzudringen. Aus Frust brachen sie einen Automaten auf. Überrascht von einem Zeitungsliferanten, bedrohten sie diesen und flohen mit Krügers Audi und fünf Euro Beute. Sie hinterliessen eine demolierte Tankstelle, reichlich Spuren und die Bilder auf der Überwachungsanlage. Gerade der Polizei entkommen, entschieden sie sich, es gleich bei der nächsten Tankstelle in Rieseby zu versuchen. Durch eine nicht richtig verriegelte Tür schafften sie es tatsächlich in das Gebäude, wurden aber aufgrund der nicht einkalkulierten Alarmanlage von dem Besitzer der Tankstelle überrascht und flohen in den Wald. Irgendwann auf ihrem Weg durch das Unterholz muss den selbsternannten Vorkämpfern für die Herrenrasse dann gedämmert haben, dass es ziemlich unklug war, das aufgrund einer laufenden Privatinsolvenz offiziell auf Krügers Vater gemeldete Auto auf dem Tankstellengelände zurück gelassen zu haben. In dem Auto befanden sich neben diversem Stehlgut, legalen Waffen und Einbruchswerkzeug auch Teile illegaler Waffen, die Personalausweise und Mobiltelefone von Borchert und Krüger und neonazistische Propagandamaterialien. Derart in Bedrängnis kam den beiden die zündende Idee, es einfach mit einem alten Trick aus dem Repertoire rechter Einfältigkeit zu versuchen: Die “kriminellen Ausländer”. Beseelt von diesem genialen Ausweg, kehrten die beiden nach Rieseby zurück und riefen von einer Telefonzelle die Polizei. Dieser erzählten sie, dass sie von einer osteuropäischen Bande auf einem Parkplatz nahe Büdelsdorf überfallen und samt Fahrzeug entführt worden waren. Nach einiger Zeit seien sie dann in einem Wald ausgesetzt worden und direkt zum nächsten Ort gelaufen, um die Polizei zu rufen. Da die beiden nicht damit gerechnet hatten, getrennt von der Polizei befragt zu werden und so in entscheidenen Punkten unterschiedliche Versionen der Geschichte zum Besten gaben, fiel niemand darauf herein. Bei anschließenden Hausdurchsuchungen wurde in der Wohnung von Thomas Krüger und in der Wohnung von Peter Borchert und seiner damaligen Lebensgefährtin Swantje Meier-Lürsdorf diverses belastendes Material gefunden, u.a. diverse illegale Waffen und Waffenteile. Bei Krüger lag eine geladene 9-mm-Pistole der Marke Tokarev im Bett.

Was zunächst einmal klingt wie der Prolog zu einer nachmittäglichen TV-Show, sorgte tatsächlich über Jahre für diverse Eruptionen in der Neonazi-Szene Norddeutschlands und hat zum Teil bis heute Auswirkungen. Zunächst einmal solidarisierten sich Teile der Szene, allen voran das “Aktionsbüro Norddeutschland” um Tobias Thiessen, Inge Nottelmann und Thomas Wulff mit Borchert und Krüger und witterten eine Verschwörung von politischen Gegner_innen. Die offene Parteinahme für profane Kleinkriminelle rief nun andere Akteur_innen auf den Plan, die Imageschäden und zu starken Einfluss von kriminellen Strukturen auf rechte Politik fürchteten. Lautstärkster Kritiker war der Hamburger Kader Christian Worch (inzwischen wohnhaft in Parchim), aber auch Teile des NPD-Bundesvorstands standen Borchert noch kritischer als zuvor gegenüber. Zu diesem Zeitpunkt nahm eine Spaltung ihren Lauf, die schließlich in der Loslösung diverser “Aktionsgruppen” von der NPD in Schleswig-Holstein mündete, allen voran in Kiel und Neumünster. Diese verfestigten das kleinkriminelle Profil noch einmal und stellen heute, sofern sie sich nicht zurückgezogen haben, das Umfeld der Rockergruppierung “Bandidos”.
Doch auch an anderer Stelle kam in Folge der Tankstellenaufbrüche Ungemach auf. Die Justiz in Kiel verschleppte ohne erkennbaren Grund das Verfahren über Jahre. Im Fall von Borchert bündelte sie es zu einem Sammelverfahren das mit einem fragwürdigen “Deal” sein Ende nahm. Die Absprache enthielt neben juristischen Details rund um die Vorwürfe des Waffenhandels und der Einbrüche vor allem die Absprache aller Parteien, das Verfahren nicht öffentlich zu führen. Ohne Pressemitteilungen, Aufrufe, Beweisaufnahme oder überhaupt einer differenzierten Darstellung der gegen Borchert erhobenen Vorwürfe, wurde Borchert innerhalb von vierzig Minuten zu einer Mindeststrafe verurteilt. Über den Ausgang des Verfahrens gegen Thomas Krüger ist den Autor_innen dieses Texts nichts bekannt. Dieses Vorgehen rief die Öffentlichkeit auf den Plan. Von einem “Justizskandal” war die Rede. Nebenbei wurden nicht nur in der rechten Szene alte Gerüchte lauter, dass der Verfassungsschutz oder ein anderer verdeckt agierender Akteur seine schützende Hand über Peter Borchert und seine Taten halte.

Nachdem Thomas Krüger sich zunächst der von Peter Borchert gegründeten “Aktionsgruppe Kiel” (AG Kiel) anschloss und in den Kieler Stadtteil Gaarden in eine Wohngemeinschaft mit Nils Hollm zog, musste er nach teils militant geführten Auseinandersetzungen mit örtlichen Antifaschist_innen das Viertel wieder verlassen . Danach verschwand er über Jahre von der öffentlichen Bildfläche und erschien erst bei beiden bisherigen Aufmärschen von “Neumünster wehrt sich” wieder.


Manfred Riemke am 14.11.2015 in Neumünster (links Malte Magnussen)

Manfred Riemke
Die Hauptfigur und Anmelder von “Neumünster wehrt sich” ist für die neonazistische Szene Fluch und Segen gleichzeitig. Seit Jahren hetzt der als Querulant in der Szene umstrittene Riemke äußerst provokant gegen alles, was ihm nicht passt. Das betrifft neben den klassischen Feindbildern der Neonazis auch gern einmal die eigene Szene. So versucht er, eine Alternative zur NPD in Neumünster zu etablieren und spannt dabei gern Gesinnungsgenoss_innen ein, die sich mangels eigener geistiger und organisatorischer Kapazitäten an dem vermeintlich schlau und selbstsicher agierenden Riemke orientieren. Damit giesst Riemke regelmäßig Öl in den latenten Dauerkonflikt zwischen der NPD-Führung um Daniel Nordhorn (Laboe) und dem “Titanic”-Wirt Horst Micheel. Beide Seiten der neonazistischen Medaille können nicht ohne einander, die NPD hat ohne die “Titanic” keine Räume, die “Titanic” ohne die NPD keine Gäste, doch verhindern Konkurrenzgebaren wie die Gründung des “Bund für Deutschland” von Riemke und Micheel eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Doch auch Riemke ist auf die NPD und deren Umfeld angewiesen. Große Teile sehen in dem Möchtern-Führer (sein twitter-Kanal heisst “Reiches Stimme”) eher den nützlichen Trottel, dem sie nur folgen so lange es organisatorische Vorteile für sie bringt. Diese dauerhafte Hassliebe treibt mitunter absurde Blüten. Manchmal nimmt Riemke an Kundgebungen der NPD teil, positioniert sich jedoch bewusst ein Stück entfernt und hinterlässt danach kritische Kommentare auf Facebook. Inwieweit Riemke sich über sein Engagement eines Tages tatsächlich in der Szene etablieren kann oder ob er der nützliche Sonderling bleibt, der bei dem ersten Konflikt seine Führungsrolle wieder einbüsst, bleibt abzuwarten.


Enrico Pridöhl (3.v.r.) am 16.01.2016 in Neumünster, ganz links Marc-Richard Tenten

Enrico Pridöhl
Über Enrico Pridöhls Rolle verfasste jüngst die Autonome Antifa Koordination Kiel einen Text , auf den wir verweisen möchten. Grundsätzlich hat der Sonderling, außer bei Kleinstaktionen, kaum eine organisatorische Zukunft in der Rechten Schleswig-Holsteins. Zu dilettantisch sind seine Auftritte und zu sehr bedient er mit Äußerlichkeiten klassische Feindbilder von Neonazis.


Manuel Fiebinger am 16.01.2016 in Neumünster, links im Hintergrund Thomas Krüger


Manuel Fiebinger

Der Neumünsteraner Neonazi Manuel Fiebinger war früher Mitglied der “Aktionsgruppe Neumünster” und pflegte gute Kontakte zur AG Kiel. Insbesondere nachdem sich die ältere Generation der AG Kiel um Peter Borchert, Peter von der Born und Michael Günther Graul und die Führungsfigur der jüngeren Generation, Daniel Zöllner, aufgrund von tatsächlichen oder befürchteten Konsequenzen der militanten Auftritte der Kameradschaft zurückzogen, blieb der Kontakt zwischen den Kieler_innen und Neumünsteraner_innen vor allem durch Fiebinger erhalten. Die Nazi-Clique um Virginia Krüger, Lars und Filip Jochimsen und den Nazi-Rapper Lennard S. aus den nördlichen Kieler Vororten wechselte zusammen mit Fiebinger ins kleinkriminelle Milieu im Umfeld der “Bandidos”. Fiebinger selbst ist Mitglied der “Bandidos”-Supporter “Contras”. Nachdem Fiebinger einige Jahre in diesem Sumpf aus krummen Geschäften, Alkoholismus, Gefängnis und Milieuauseinandersetzungen verschwand, organisiert er aktuell die Aktionen von “Neumünster wehrt sich” mit. Insbesondere seine Kontakte in militante Kreise drücken sich in der Mobilisierung aus. Fiebinger gilt als möglicherweise Involvierter in die Schüsse auf die Alte Meierei in Kiel und auf einen “Hells Angel” .


Manuel Fiebinger in Kutte der “Contras”

Sebastian Struve
Auch Sebastian Alexander Struve ist nicht unumstritten in der Neonazi-Szene. Obwohl er 2008 noch für die NPD als Kandidat zur Wahl antrat, verschlechterte sich in der Folge das Verhältnis zwischen dem Selbstdarsteller Struve und der NPD. Struve ist vor allem wegen seiner egozentrischen Alleingänge unbeliebt. Andererseits schafft er es auch genau deshalb, immer wieder junge gewaltaffine Neonazis an die Szene heranzuführen. Struve war über Jahre Dreh- und Angelpunkt der “Aktionsgruppe Eutin”, einer kleinen, weitgehend isolierten Gruppe die in Eutin ganze Angriffsserien auf politische Gegner_innen startete . Diese Gruppe führte einen fast schon absurden Kleinkrieg gegen die örtliche Polizei und Antifaschist_innen aus der Region. Nach einer Hausdurchsuchung in der zentralen Wohngemeinschaft der Gruppe stellten sie beispielsweise Bilder von sich online, auf denen sie mit Computern posieren, um zu zeigen, dass sie immer noch welche besitzen. Gerüchteweise sollen auch diverse Outings der Neonazis von niemand anderen außer ihnen selbst stammen. In der Hoffnung den kleinstädtischen Feldzug gänzlich auf eine persönliche Ebene zu ziehen, veröffentlichte die militant agierende Gruppe regelmäßig Texte, in denen sie die Mitglieder der Gruppe mit Namen oder Spitznamen bezeichneten. Angeblich sollten sogar öffentlich aufgetauchte “Recherchefotos” der AG Eutin von Struve selbst veröffentlicht worden sein. Inhaltlich zeigte sich ein ähnliches Bild. Die alkoholgeneigte Klientel der ländlichen Neonazi-Kameradschaft behauptete plötzlich, den Idealen von Straight Edge und dem Veganismus zu folgen. Die bald darauf auftauchenden Gerüchte über Struves Verstrickungen in Kokainhandel passen dann aber doch eher in das Bild von ständig neuer Selbstinszenierung. Nach körperlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe löste sich die AG Eutin 2012 auf. Struve wurde mehrfach verurteilt und tauchte ab. In Eutin hinterlies er, was die mit ihm im Streit liegenden Führungsfiguren der Neonaziszene erwartet hatten: Eine eigenständig nicht aktionsfähige, vor allem aus jungen Mitläufer_innen bestehende rechte Szene, die ohne ihre Führungsfigur handlungsunfähig war. Erst mit Aufkommen der “Identitas Gemeinschaft” um Fabian Wittig und Ray Vogel gibt es wieder eine rechte Gruppe in Eutin, die allerdings auch isoliert agiert. “Neumünster wehrt sich” und Struves führende organisatorische Rolle dort sind sein erstes Projekt seit seiner “Wiederkehr”. Unklar ist allerdings, ob die anderen Organisator_innen ahnen, welche Probleme fast zwangsläufig mit der Person Struve einher gehen.


Alexander Meeder am 16.01.2016 in Neumünster

Alexander Meeder
Alexander Kevin Meeder ist zwar keine organisatorische Führungsfigur, allerdings in den letzten Jahren einer der engagiertesten Neonazis Neumünsters. Insbesondere seinem politischen Ziehvater Daniel Nordhorn folgt Meeder buchstäblich auf Schritt und Tritt. Im Vordergrund steht dabei die Parteiarbeit in der NPD, z. B. bei Kleinstkundgebungen. Inhaltlich orientiert sich Meeder wie Nordhorn am klassischen Nationalsozialismus. Meeder nahm an beiden bisherigen Aufmärschen von “Neumünster wehrt sich” teil.

Michael Denz
Michael Denz ist mittlerweile seit Jahrzehnten in der rechten Szene aktiv. Er stellt ein Bindeglied zwischen rechtem und rechtsoffenem Fussballklientel, “freien” Neonazis und der NPD dar. Schon 2002 führte Peter Borchert Michael Denz als möglichen Kandidaten für den Wahlkreis 23 in Neumünster im Rahmen des geplanten Wahlantritts der “Liste Club 88”. Den Platz auf der Liste teilte er sich mit so illustren Figuren wie Christiane Dolscheid (Betreiberin “Club 88” und Wahllisten-Vize), Martin Engelbrecht (Anti-Antifa und Schatzmeister der Wahlliste), Knut Sogorski (Beisitzer der Wahlliste), Henry Markwirth (ebenfalls Beisitzer und heute noch aktiver Neonazi in Neumünster) und dem oben erwähnten Thomas Krüger (ebenfalls Beisitzer). Dazu passt, dass Denz auch des öfteren im inzwischen geschlossenen “Club 88” ausgeholfen hat. Seinen ersten großen Auftritt hatte Denz allerdings schon 1996 in Zabrze (Polen). Anlässlich einen Fussballspiels zwischen Polen und Deutschlands hielt Denz ein Transparent hoch auf dem geschrieben stand “Schindler-Juden wir grüßen euch”. In der Folge nahm Denz immer wieder an rechten Aktionen teil, zuletzt z. B. an einem intern mobilisierten Spaziergang gegen vermeintliche “Kinderschänder” in Neumünster-Faldera am 11.10.2014, an der “HoGeSa”-Kundgebung am 15.11.2014 in Hannover und am 31.10.2015 bei NPD-Kleinstkundgebungen in Bad Bramstedt und Boostedt. Bei seinen Auftritten ist Denz in der rechten Szene für seine Scheu berüchtigt. So versucht er stets, es zu vermeiden fotografiert zu werden und scheut zum Teil selbst nur intern in der Szene beworbene Vorabtreffpunkte zu Aktionen. Ob ihn die Jahrzehnte in der sich ständig gegenseitig denunzierenden rechten Szene zermürbt haben, er seine politischen Aktivitäten gegenüber der Fanszene des VFR Neumünster verschleiern will oder Angst um seinen Arbeitsplatz bei einem Neumünsteraner Garten- und Landschaftsbau-Betrieb hat, bleibt dabei vorerst sein Geheimnis. Denz nahm am ersten Aufmarschversuch von “Neumünster wehrt sich” am 14.11.2015 teil.


Mark Proch, Pascal Micheel und Thomas Krüger (v.l.) am 16.01.2016 in Neumünster

Pascal Micheel
Der Möchtegern-Hooligan des Hamburger SV, rechte Schläger und Mitbetreiber der “Titanic” seines Vaters Horst Micheel nahm an beiden bisherigen Aufmärschen von “Neumünster wehrt sich” teil. Beim zweiten Auftritt kümmerte er sich zusammen mit Malte Magnussen um den Transport der Technik von der “Titanic” zum Kundgebungsort am Kantplatz. Micheel kandidierte 2013 für die NPD, ist aber grundsätzlich wenig an Parteiarbeit interessiert.


Arne Voss, Mark Proch, Volker F. und Andreas Regner (v.l.) am 16.02.2013 auf dem Neumünsteraner Kantplatz

Mark Proch
Zu dem NPD-Ratsherrn Mark Michael Proch haben wir und andere Autor_innen schon viel geschrieben . Er nahm an beiden bisherigen Aufmärschen von “Neumünster wehrt sich” teil, hält Reden und übernimmt organisatorische Aufgaben.


Nico Seifert, Alexander Kuhr und Jens Lütke (v.l.) 2010 auf einem Aufmarsch in Bad Nenndorf

Alexander Kuhr
Alexander Jürgen Kuhr aus Heide war, zusammen mit seiner Schwester Vanessa Kuhr, zentrale Figur der “Aktionsgruppe Dithmarschen” zu den Hochzeiten der “Autonomen Nationalisten”. Er war eng mit der AG Kiel vernetzt und besuchte vor einigen Jahren viele Aufmärsche in Norddeutschland. 2011 floh er nach dem Angriff auf die Maikundgebung des DGB in Husum in seinem Auto zusammen mit Niels Kristensen (Rödekro/Dänemark) und Alexandra W. (Neumünster). Kuhr beteiligte sich am ersten Aufmarsch von “Neumünster wehrt sich” und versuchte dort, militante Aktionen gegen Antifaschist_innen zu initiieren.


Horst Micheel (2.v.r.) vor dem alten Standort der “Titanic”

Horst Micheel
Zu dem Wirt der “Titanic” wurde ebenfalls schon viel geschrieben . Er nahm an beiden Aktionen von “Neumünster wehrt sich” teil und stellte im Anschluss seine Kneipe als Treffpunkt zur Verfügung sowie bei dem zweiten Aufmarsch zusätzlich die Technik und “Deko”.


Marc-Richard Tenten am 16.01.2016 in Neumünster

Marc-Richard Tenten
Marc-Richard Tenten (Husum) ist eine skurile Figur der rechten Szene. Trotz seines mittlerweile fortgeschrittenen Alters (geboren am 24.07.1946) inszeniert er sich gerade bei aktionistischen Aufmärschen der meist jungen, männlichen und gewaltgeneigten Szene der “Autononen Nationalisten” als Vorkämpfer im Outfit des “Schwarzen Blocks”. Dass er dabei selbst so einige Feindbilder der Neonazis erfüllt, tut seinem Engagement keinen Abbruch. So ist er gebürtig aus Guinea, also nach Vorstellung seines politischen Umfelds ein “Ausländer”. Zu Hause in Husum pflegt er seine behinderte Tochter, die nach dem Vernichtungswahn der Nazis als “unwertes Leben” klassifiziert worden wäre. Tenten nimmt neben Kandidaturen für die NPD an verschiedenen Aufmärschen teil, so zuletzt z. B. am 18.01.2014 in Magdeburg, am 01.05.2014 in Rostock, zur Sommersonnenwende 2014 in Nordfriesland und an mehreren Kundgebungen zur Mark Prochs Kandidatur zur Bürgermeisterwahl im Frühjahr 2015. Tenten besuchte den zweiten Aufmarsch von “Neumünster wehrt sich”.

Jens Lütke
Der nicht unumstrittene ehemalige NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke (Preetz) zog sich seit seiner Entmachtung im NPD-Landesverband weitgehend aus der NPD zurück und taucht nur noch gelegentlich bei öffentlichen Auftritten auf. Aktiv Politik macht er vor allem im Rahmen seiner Tätigkeit bei dem Neonazi-Verlag “Lesen und Schenken” seines Arbeitgebers Dietmar Munier. So organisierte er von dort aus eine Busfahrt zu “PEGIDA” nach Dresden . Lütke nahm am zweiten Aufmarsch von “Neumünster wehrt sich” teil.

Björn Schubert
Björn Schubert kam über die AG Kiel und “Freie Nationalisten Kiel” zur NPD und hat mittlerweile den vollends auf Tauchstation gegangenen NPD-Ratsherrn Hermann Gutsche als Kreisvorsitzender der NPD Kiel-Plön abgelöst. Schubert gilt intern als unfähig und ist wie sein Kreisverband nahezu vollkommen inaktiv. Schubert nahm am zweiten Aufmarsch von “Neumünster wehrt sich” teil.