Der Tod des Neonazis Lars Hildebrandt – kein Nachruf


Der verstorbene Neonazi in dem Geburtsort Adolf Hitlers

Am 16. September 2015 verstarb der Neonazi Lars Hildebrandt aus dem schleswig-holsteinischen Itzehoe im Alter von 38 Jahren. Offenbar konnten auch obskure neu-germanische Wunderheiler – schließlich sei die Schulmedizin ja “jüdisch unterwandert”- , den Krebstod nicht mehr abwenden. Wieder einmal zeichnet sich hier aber ein interessantes Psychogramm eines rückständigen Provinzneonazis mit Vorliebe für internationale Fast Food- und Spirituosenspezialitäten in einer fortschreitenden Welt. Dies sei hier aber nur am Rande erwähnt. “RaunijaR”, so sein “Künstler”-Name als rechter Liedermacher, hinterlässt vor allem eine Lücke in der ohnehin geschwächten neonazistischen Szene Schleswig-Holsteins.

Lars Hildebrandts musikalisches Talent war sicher begrenzt und als Vordenker der radikalen Rechten war er auch ungeeignet. Doch innerhalb der zersplitterten und geschwächten Rechten im Norden war er doch eine einende Konstante. Seine vielfältigen Kontakte zu Rechtsrockorganisator_innen, parteigebundenen Neonazis und örtlichen Kameradschaften machten ihn zu einer Figur, die in viele zentrale Projekte der Szene involviert war. Für den “Tag der deutschen Zukunft” in Hamburg 2012 spielte er einen Mobilisierungssong ein, auf diversen Veranstaltungen von “Die Rechte” und NPD trat er auf (zuletzt am 28. Februar 2015 in Solidarität für seinen Freund Dieter Riefling in Hildesheim). Auch bei der “Braunen Hilfe”, einem neonazistischen Selbsthilfeverein für Neonazis, die Probleme mit dem Staat oder politischen Gegner_innen haben, war er von Anfang an entscheidend involviert. Hier zeigte sich jedoch direkt die heiße Luft hinter der Inszenierung als heroischer “politischer Soldat”, wie es für viele Nazis gilt, die versuchen, den zweifelhaften Ansprüchen ihres Umfeldes gerecht zu werden. Den vollmundigen Versprechungen folgen in entscheidenen Momenten keine Taten. So scheiterte der erste Anlauf der Gründung der “Braunen Hilfe” u.a. daran, dass Hildebrandt nicht von Itzehoe nach Lübeck fahren konnte, um eine Unterschrift zu leisten. Fehlen wird Hildebrandt vor allem auch der überschaubaren rechten Musikszene im westlichen Schleswig-Holstein. Dem neuen Bandprojekt “Randgruppe Deutsch” um seinen Vertrauten Holger Ingwersen konnte er krankheitsbedingt schon nicht mehr beitreten.

Aktuell sammelt Lars Hildebrandts Frau Simone Spenden um eine Seebestattung zahlen zu können. Das Spendenkonto läuft auf Marion Ingwersen, die Frau von Holger Ingwersen. Die Ehe der Hildebrandts galt zuletzt als zerrüttet, da sich Lars von Simone während seiner Krankheit im Stich gelassen fühlte.

Nicht fehlen wird Lars Hildebrandt den vielen Betroffenen rechter Übergriffe. Die bekanntesten Angriffe des sich als nationalsozialistischen Vorkämpfer inszenierenden Neonazi-Barden waren eine gefälschte Kontaktanzeige, mit der er im Jahr 2000 einen Menschen mit Migrationshintergrund auf eine rechte Party lockte und dieser dort zusammengeschlagen wurde und ein Angriff auf antifaschistische Fotograf_innen im November 2013.

Nebenbei erspart sein Ableben dem örtlichen Staatsschutz zukünftige Arbeit. Zu den 14 bisherigen Razzien in seiner Wohnung wären sicher noch ein paar hinzu gekommen.

Prozess in Lübeck, Rassistischer Angriff in Dithmarschen und rechte Hetze in Kiel

Kürzlich wurde der Lübecker Verschwörungstheoretiker und Rechtsanwalt Detlef Winter wegen der antisemitischen Äußerungen auf seinem Portal “Lübeck Kunterbunt” verurteilt .

In Lunden (Dithmarschen) wurde ein Flüchtling aus mutmaßlich rassistischen Motiven bei einem örtlichen Fest angegriffen .

In Kiel versuchte eine Kleinstgruppe offenbar erfolglos ihre wirren Thesen zur angeblichen “Masseneinwanderung” öffentlich zu präsentieren .

Nazi-Angriffe in Lübeck

In Lübeck ist es in den letzten Wochen zu insgesamt drei rechtsradikalen Angriffen auf geflüchtete Menschen bzw. eine Unterkunft gekommen:
Am Abend des 27.8. wurde ein Mensch aus Syrien von zwei Nazis angegriffen und leicht verletzt. Kurz darauf griffen diese zusammen mit weiteren Nazis eine noch nicht eröffnete Unterkunft für geflüchtete Menschen an, warfen eine Scheibe ein und verklebten Aufkleber mit rechten Parolen (Pressespiegel der Antifaschistischen Koordination Lübeck ). Die Täter kommen aus dem Umfeld der “Division Schleswig-Holstein”. Diese Gruppierung wurdevon Matthias Gebhardt gegründet und dient als Sammelbecken für Nazis aus Lübeck und Umgebung (Artikel der Antifaschistischen Koordination Lübeck ).
Zwei Tage darauf, am Sonnabend, wurde eine Familie in Dänischburg von einem Täter fremdenfeindlich beleidigt und kurz darauf mit Schottersteinen beworfen (Artikel ).

Diese Übergriffe fügen sich in eine Reihe von rechtsradikalen Angriffen in der Vergangenheit in Lübeck ein. So wurde vor ca. zwei Monaten ein Brandanschlag auf den Rohbau einer zukünftigen Unterkunft für geflüchtete Menschen in Kücknitz verübt und ebenfalls Nazi-Aufkleber verklebt (wir berichteten ).

CDU und SWG zusammen im “Kaiser Friedrich”

Eine unter dem bezeichnenden Namen “Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung” auftretende Untergliederung der Kieler CDU hat am Wochenende, zusammen mit der neurechten “Staats- und Wirtschaftpolitischen Gesellschaft” (SWG), eine Veranstaltung durchgeführt. Der Kieler Ableger der SWG um den ehemaligen CDU-Politiker und SWG-Vize Stephan Ehmke unterhält Kontakte ins Neonazi-Milieu. Am Wochenende fiel Ehmke dadurch auf, dass er Journalist_innen vor dem Lokal “Kaiser Friedrich” in Kiel beschimpfte. Das “Kaiser Friedrich” fungiert seit Jahren als Stammlokal der vermeintlich intellektuellen Rechten Kiels, einer kruden Melange aus CDU, SWG und Personen aus dem Umfeld der Neonazis Dietmar Munier und Henning Pless , wie z.B. Walter Rix oder die Brüder Franz und Reinhard Uhle-Wettler.

Als Redner fungierte am Wochenende der SWG-Vorsitzende Manfred Backerra. In der Vergangenheit haben CDU und SWG auch schon Veranstaltungen mit Walter Rix (erst jüngst aufgrund seiner vielfältigen Neonazi-Kontakte wieder aufgefallen ) und Olaf Haselhorst (ein Angestellter Muniers) organisiert.

Die mediale Aufmerksamkeit auf die Verstrickungen der Kieler CDU brachte für die Parteiführung ein turbulentes Wochenende mit sich. Der Kieler CDU-Vorsitzende Thomas Stritzl brach seinen Urlaub ab, um erst halbherzige, dann deutlichere Distanzierungen verlautbaren zu lassen.

Presse: NDR , SHZ

Mindener Waldorflehrer mit Kontakten zu Rechten in SH

Vor einiger Zeit wurde aufgedeckt, dass die FreienWaldorfschule in Minden mit Wolf-Dieter Schröppe ein Lehrer mit Verbindungen zu Alt- und Neonazis beschäftigt. Die Schule weigert sich jedoch, ihn zu entlassen, obwohl ein Gutachten seine früheren und derzeitigen Beziehungen in rechtsradikale Milieus dokumentiert (WDR , Westfalen-Blatt , taz ). So hatte er in seiner Jugend Umgang mit dem NS-Verbrecher Ernst Priebke, publizierte und referierte bei reaktionären und rassistischen Vereinen wie den “Ludendorffern” und der “Artgemeinschaft”. Zudem leitete er Schülerreisen nach “Ostpreußen” und hat seit 2008 den Vorsitz der “Ahnenstättenverein Conneforde” inne, der einen Friedhof betreibt, welcher bei Alt- und Neonazis beliebt ist.
In Zwischenzeit wurde Schröppe vom Unterricht suspendiert.

Zeitweilig war er Schatzmeister beim “Kuratorium Arnau” und hatte darüber Kontakte zu Walter Rix (Hintergründe zu Rix in unserem Artikel ). Weiter wird die Familie Schröppe vom Schleswiger Dieter Vollmer in der rassisistischen Zeitung “Nordische Zukunft” als wesentlich für das “Deutschtum in Argentinien” erwähnt. Darüber hinaus traf sich Schröppe früher häufig mit Vollmer (ausführlicher Bericht ).

Neonazi-Kundgebung in Neumünster abgesagt

Nachdem vor einigen Tagen in der Neumünsteraner Gemeinschaftschule Brachenfeld eine provisorische Unterkunft für geflüchtete Menschen einrichtet wurde (Bericht des NDR ), hat der NPD-Kreisverband Neumünster-Segeberg eine Kundgebung mit dem Titel “Stoppt die Asylflut” angemeldet. Während die Gegenmobilisierung mit ca. 130 Teilnehmenden erfolgreich war, wurde im Verlaufe des Tages jedoch bekannt, dass die NPD ihre Kundgebund wieder abgesagt hatte (Bericht der Antifa Kiel ).

Neonazis schreiben Dorfgeschichte

In Stafstedt (bei Rendsburg) wurde vor ca. 2 Jahren eine Dorfchronik veröffentlicht (SHZ ). Unter den Autor_innen befinden sich mit Gisela und Wilfried Stiller bekannte Neonazis (SHZ ). So ist Gisela Stiller die Vorsitzende des Trägervereins des “Ferienheims” der neonazistischen Sekte “Die Ludendorffer” (wir berichteten ) und betreibt einen Versandhandel mit rechter Literatur (“Mensch und Maß” vom Verlag “Hohe Warte”).

Die “Ludendorffer” sind, trotz ihrer schwachen personellen Basis, aufgefallen durch Sonnenwendfeiern im “Ferienheim” in Schierensee (bei Kiel) oder Maren Preisinger, einer ehemaligen Lehrerin, die ihre Stelle an einer Schule in Reinfeld aufgrund ihrer völkischen Umtriebe verlor (wir berichteten ).

Razzia bei Klaus-Dieter Flick in Heikendorf


Grundstück von Klaus-Dieter Flick

Bei dem Neonazi Klaus-Dieter Flick fand in Heikendorf eine Razzia statt. Schon im Mai wurde das Anwesen im Zusammenhang mit dem Handel mit Statuen aus Hitlers Neuer Reichskanzlei durchsucht. Niederländische Fahnder_innen waren auf die Spur verschiedener Händler_innen verschollener Nazikunst gekommen, u.a. Flick. Aktuell fanden Polizei und Bundeswehr ein Arsenal an Kriegswaffen in einer Art unterirdischen Ruhmeshalle. Neben anderem wurde ein Panzer des Typs “Panther”, ein Flakgeschütz und Torpedos beschlagnahmt. Seine V1-Rakete darf der Neonazi behalten, da sie nicht mehr kriegsgeeignet sei.

Während die internationale Presse großes Interesse an dem Neonazi mit Kriegswaffenarsenal zeigt, wird der lokale Diskurs durch Verharmlosungen bestimmt. Flick sei ein “Waffensammler” oder eben ein bisschen “eigen”. Die Panzer wären allen bekannt, schließlich würde Flick damit gelegentlich bei Baumfällarbeiten helfen oder bei tiefem Schnee durch den Ort fahren.

Hakenkreuze und Reichsfahne an und im Haus werden dabei geflissentlich ignoriert.

Gegen die Razzia solidarisieren sich Militarist_innen und Neonazis u.a. in einer Petition mit Flick.

Pressespiegel zu den Razzien:

USA today , Le Parisien , BBC , Tele Bruxelles , Der Spiegel , Stern , De Telegraaf , SHZ , SHZ 2

Text beleuchtet rechte Aktivitäten in Mölln

Ein Text der Antifa Herzogtum Lauenburg beleuchtet die jüngsten neonazistischen Aktivitäten in Mölln. In diesem Zusammenhang beschreibt die Gruppe auch Hintergründe zu dem jüngst gegründeten Stützpunkt der JN im Norden um Simon Haltenhof und Lennart Schwarzbach.

Lübecker Nachrichten beleuchten Rechtsrock in Ostholstein

Nachdem wir schon öfter über die Rechtsrockszene im nördlichen Ostholstein berichteten (z. B. hier , hier , hier oder hier ) und zuletzt Antifaschist_innen Flugblätter im Rahmen der Kampagne “An die Substanz!” vor Ort verteilten , ist auch die Lokalpresse aufmerksam geworden und berichtete jüngst über die braunen Umtriebe in dem Ort Grube. Ein paar Fakten des zitierten Artikels von uns sind zwar nicht ganz richtig eingeordnet worden, aber immerhin scheint den örtlichen Neonazis zunehmend gesellschaftlicher Gegenwind zu drohen.